„windschatten“
23. April bis 8. Mai 2022
Tage der offenen Ateliers Brandenburg am 7. und 8. Mai 2022
Zur Ausstellung erscheinen zwei Kataloge.
Freundlich unterstützt von der Stadtstiftung Baruth/Mark.
alle Gemälde Öl auf Leinewand
Lydia Thomas
2009-2015 Studium an der Akademie der Bildenden Künste München bei Prof. Anke Doberauer. Erasmus-Stipendium für das Auslandssemester an der Akademie der Künste in Lissabon. Großformatiges Wandgemälde im Goethe-Institut München
2013 Atelierstipendium der Stadt Chemnitz in der Partnerstadt Tampere (Finnland)
2014 Meisterschülerin von Prof. Anke Doberauer
2015 Diplom an der Akademie der Bildenden Künste München
Galerie Weise
Hanne Kroll
1980 in Starnberg geboren
2000-2007 Studium an der Universität Augsburg (Kunstgeschichte, Kunstpädagogik, Psychologie), Abschluss: Magister
2007-2011 Lehrauftrag für Malerei an der Universität Augsburg
Seit 2007 Studium an der Akademie der Bildenden Künste in München bei Prof. Anke Doberauer und an der Akademie der Bildenden Künste Nürnberg bei Prof. Ralph Fleck
2013 Meisterschülerin von Prof. Anke Doberauer
2015 Diplom an der Akademie der Bildenden Künste München
hannekroll.de
Das erste Mal habe ich Arbeiten von Lydia Thomas vor etwa zehn Jahren in der Galerie Weise in Chemnitz gesehen. Ihr Name war mir schon geläufig und die Bilder, die ich da sah, fesselten mich auf merkwürdige Weise. Ich erinnere mich an gemalte Gruppen von Männern von schlumperiger Erscheinung, die etwas ratlos miteinander umgehen und mit irgend etwas beschäftigt sind, dessen Sinn sie im besten Fall gerade herausfinden wollen – aber so ganz klar ist das auch nicht: Vielleicht geht es um die Sehnsucht nach der Verbundenheit in einer sinnvollen Anstrengung. Die Bilder haben mich jedenfalls bleibend beeindruckt. Die Malereien unterschieden sich in wohltuender Weise von der allegorischen Figurenkunst, mit der ich früher zu tun hatte, durch ihre Leichtigkeit, die höchstens eine Ahnung der eschatologischen Visionen des akademischen Menschenbildes Leipziger Prägung aufkommen ließ.
Etliche Jahre später faszinierten mich in einer Ausstellung junger Chemnitzer Kunst mehrere recht locker hingeworfene Darstellungen von irgendwelchen funktionalen Gegenständen, vielleicht Armaturen, die mich ganz unverschämt angrinsten und belauerten, ein Eindruck, hinter dessen Geheimnis ich trotz aller Mühen nie ganz gekommen bin.
…Lydia bekam ihre malerische Ausbildung zusammen mit Hanne Kroll in München, aus diesem Hochschulumfeld kommt ein Kreis von Künstlerinnen, vereint in der Frische ihrer Ausstrahlung, die des öfteren gemeinsam an die Öffentlichkeit gehen, wie in der schon genannten Galerie Weise. Dort sah ich auch zum ersten mal Ölbilder von Hanne Kroll, auf denen gut gelaunt wirkende über die Erde krabbelnde Papageien und buntes Wassergetier ein seltsam gerupftes Dasein betreiben, wobei die Fische auf mich einen nachdenklicheren Eindruck als die Vögel machen. Auch die gelegentlich fliegenden Federtiere sind in Zusammenhänge gebunden, aus denen sie nicht hinausgehen. In warmen Farben gehalten, anheimelnd und gruselig zugleich, sind diese Wesen in den besten Ihnen denkbaren Welten unterwegs, freuen sich ihrer Existenz und träumen von Kettenkarussellen, zu denen sie sich freilich nicht, vielleicht noch nicht, aufschwingen können. Die Karusselle ihrerseits wirken entrückt und einsam, von dem ihnen zugedachten Zweck isoliert und über sich selbst reflektierend. Hanne pendelt zwischen mehreren deutschen Metropolen und ist im Moment wohl gerade Leipzig zuzuordnen.
Beide Künstlerinnen folgen einem Malstil mit gegenständlichen Bezügen, hinterlegt mit metaphysischen Ebenen, die den abgebildeten Objekten eine irritierende Unruhe vermitteln. Lydias Gemälde sind dabei von skizzenhafter Anmutung. Es scheint eine Scheu zu geben, die Fläche in allen Einzelheiten auszuarbeiten. Gleichwohl fällt es mir schwer, mir Lydias Bilder in akademischer Vollendung vorzustellen, das würde zum Verlust der Lebendigkeit und zum Stillstand führen.
Hannes Arbeiten kommen einschmeichelnder daher, ihre Goldfische zerfallen in der sanft farbigen Lichtbrechung des bewegten Wassers und wir nehmen die optische Auflösung als abgeschlossenen Mikrokosmos wahr, als künstlerische Unschärferelation: Die eigentliche Form bleibt uns verborgen, die erkennbare Erscheinung besteht im Pulsieren um einen Mittelpunkt.
…Wenn die Künstlerinnen gemeinsam an einem Bild arbeiten, bleiben beide erkennbar sie selber und die Berührungspunkte sind dann glückliche Momente der Ergänzung.
In den letzten Jahren wird viel über Kunst berichtet, die von geheimnisvollen Algorithmen errechnet wird, etwa Beethovens 10. Sinfonie, die mit Hilfe eines Telefonanbieters vollendet wurde. Eine Möglichkeit der automatisierten Kunstproduktion haben Lydia und Hanne mit dem Roboter „Donald, die Zeichenente“ entwickelt, in dem die kybernetischen Phantasien aus der Aufbruchszeit der wissenschaftlich-technischen Revolution Gestalt annehmen.
Lydia hat speziell für den ehemaligen Schlauchturm des Spritzenhauses ein Periskop konstruiert, mit dem es möglich ist, den Blick auf ferne Landschaften zu richten, die offensichtlich hinter dem Kemlitzer Horizont zu suchen sind. Es lässt mich an eine Geschichte von H.G. Wells denken, in der der Protagonist durch eine seltsame Optik exotische Gegenden erblickt, über deren Verortung er sinniert bis er in das Gesicht eines Marsmännchens schaut, das gerade neugierig das andere Ende der Apparatur untersucht…
aus der Eröffnungsrede Florian Merkel 2022